Der nacheheliche Unterhalt ist ein zentrales Thema in Mandaten verheirateter Mandanten. Im Rahmen einer Scheidung stellt sich oft die Frage, ob und wie lange ein Ehegatte von dem anderen nachehelichen Unterhalt verlangen kann. Seit der Reform des Unterhaltsrechts im Jahr 2008 gilt verstärkt das Prinzip der Eigenverantwortung. Ein Ehegatte soll nach der Scheidung grundsätzlich selbst für seinen Unterhalt sorgen können und müssen.
Daraus folgt, dass der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt vom Amtsgericht zeitlich befristet, der Höhe nach begrenzt oder sogar ausgeschlossen sein kann. Die Befristung des nachehelichen Unterhalts ist also zentrales Instrument zur Herstellung der wirtschaftlichen Eigenständigkeit beider Ehepartner nach Scheidung der Ehe.
Rechtsgrundlage für nachehelichen Unterhalt
Die gesetzliche Grundlage für den nachehelichen Unterhalt findet sich in den §§ 1569 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). § 1569 BGB formuliert dabei das grundlegende Prinzip der Eigenverantwortung: „Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen.“
Es gibt verschiedene Unterhaltstatbestände, auf deren Grundlage auch nach Scheidung der Ehe nachehelicher Unterhalt zu zahlen ist, namentlich:
• Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB)
• Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB)
• Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen (§ 1572 BGB)
• Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit (§ 1573 BGB)
• Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB)
• Ausbildungsunterhalt (§ 1575 BGB)
Diese Ansprüche setzen voraus, dass die Bedürftigkeit nicht durch eigene Erwerbstätigkeit oder Vermögen des grundsätzlich unterhaltsberechtigten Ehegatten gedeckt werden kann. Doch selbst bei bestehender Bedürftigkeit kann der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt durch das Familiengericht befristet werden.
Befristung nach § 1578b BGB
Die zentrale Norm für die zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts ist § 1578b BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Unterhaltsanspruch zeitlich befristet oder herabgesetzt werden, wenn eine dauerhafte Zahlung „unbillig“ wäre.
Absatz 1: Herabsetzung und zeitliche Begrenzung
Gemäß § 1578b Abs. 1 BGB kann der Unterhalt in seiner Höhe herabgesetzt und/oder zeitlich begrenzt werden. Dabei sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen:
• Dauer der Ehe
• Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe
• Ehebedingte Nachteile
• Alter der Ehegatten
• Möglichkeit der Wiedereingliederung in das Erwerbsleben
Je länger die Ehe gedauert hat und je stärker ein Ehegatte berufliche Nachteile wegen der Ehe und Kindererziehung in Kauf genommen hat, desto weniger kommt eine frühe Befristung in Betracht. Man sieht bereits an dieser Aufstellung, dass die Familiengerichte immer den vorliegenden Einzelfall genau zu prüfen haben und es grundsätzlich in jedem gerichtlichen Verfahren über nachehelichen Unterhalt Besonderheiten gibt, die ein Amtsgericht zu berücksichtigen hat.
Daher ist es wichtig, zur Überprüfung der nachehelichen Unterhaltes den qualifizierten Rat eines Fachanwaltes für Familienrecht einzuholen, damit frühzeitig die voraussichtlich für ein Familiengericht entscheidenden Aspekte herausgearbeitet, besprochen und vorbereitet werden können.
Absatz 2: Vorrang der Eigenverantwortung
§ 1578b Abs. 2 BGB stellt klar, dass nach Ablauf einer Übergangszeit grundsätzlich keine Unterhaltspflicht mehr besteht, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte keine ehebedingten Nachteile erlitten hat. Das bedeutet: Hat der Ehegatte nach der Scheidung wieder eine vollwertige Erwerbstätigkeit aufgenommen und ist finanziell unabhängig, kann der Unterhalt zeitlich klar begrenzt werden.
Praktische Bedeutung der Befristung
Die Befristung des nachehelichen Unterhalts hat in der Praxis eine erhebliche Bedeutung.
• Ehedauer: Bei kurzen Ehen (z. B. unter drei Jahren) ist oft keine oder jedenfalls keine langfristige Unterhaltszahlung gerechtfertigt.
• Kinderbetreuung: Hat der betreuende Elternteil wegen der Kindererziehung längere Zeit nicht gearbeitet, kann dies ein ehebedingter Nachteil sein, der eine längere Unterhaltszahlung rechtfertigt.
• Ausbildung und Berufserfahrung: Hat ein Ehegatte seine Ausbildung wegen der Ehe aufgegeben oder beruflich zurückgesteckt, kann dies gegen eine Befristung sprechen.
• Alter: Bei älteren Ehegatten (z. B. über 50) kann eine Befristung problematisch sein, da der Einstieg in das Berufsleben schwieriger ist.
Die Rechtsprechung legt großen Wert auf eine Einzelfallprüfung, wobei die Billigkeitsabwägung im Zentrum steht. Es ist daher im Einzelfall entsprechend schwierig, verlässliche Prognosen abzugeben, wie das Familiengericht im konkreten Fall einzelne Aspekte des konkreten Falles tatsächlich bewerten und abwägen wird. Die Gerichtsentscheidungen im nachehelichen Unterhaltsrecht haben daher oftmals eine große Spannbreite.
Beispiel aus der Rechtsprechung
Ein klassischer Fall aus der Rechtsprechung: Eine Frau gibt ihre Berufstätigkeit auf, um sich über viele Jahre um Haushalt und Kinder zu kümmern, während der Mann Karriere macht. Nach der Scheidung hat die Frau Schwierigkeiten, wieder beruflich Fuß zu fassen. Die Gerichte erkennen in solchen Fällen meist ehebedingte Nachteile an, sodass der Unterhalt nicht oder erst nach einer langen Übergangszeit befristet wird.
Anders kann es bei einer Ehe ohne Kinder sein, in der beide Ehegatten gearbeitet haben. In einem solchen Fall kann der Unterhalt nach kurzer Zeit befristet oder sogar ausgeschlossen werden.
Vertragliche Regelungen
Ehegatten können bereits im Ehevertrag oder in einer Scheidungsfolgenvereinbarung Vereinbarungen zur Dauer und Höhe des nachehelichen Unterhalts treffen. Solche Regelungen sind grundsätzlich zulässig, dürfen aber nicht sittenwidrig sein (§ 138 BGB). Gerichte überprüfen daher, ob eine grobe Benachteiligung eines Ehegatten vorliegt.
In vielen Fällen ist es sinnvoll, sich bereits im Zuge der Trennung und vor Beginn eines gerichtlichen Scheidungsverfahrens auch über zukünftige nacheheliche Unterhaltsansprüche Gedanken zu machen und diese zu prüfen. Oftmals lassen sich durch Vereinbarungen mit dem Ehegatten im Rahmen sogenannter notarieller Scheidungsfolgenvereinbarungen auch Regelungen zur Dauer und zur Höhe des nachehelichen Unterhaltes oder im Rahmen einer sogenannten Abfindungsklausel finden, mit denen den persönlichen und wirtschaftlichen Interessen beider Eheleute Rechnung getragen wird.
Bei diesen Vereinbarungen können die Eheleute auch in angemessenem Rahmen beispielsweise den Belangen gemeinsamer Kinder Rechnung tragen und auch andere regelungsbedürftige Bereiche mit aufnehmen, beispielsweise Zugewinnausgleichsansprüche, Übertragung von Immobilieneigentum, Aufteilung des Hausrates.
Mit solchen notariellen Scheidungsfolgenvereinbarungen kann oftmals auch erreicht werden, dass schlussendlich der Scheidungsprozess insgesamt schneller, streitloser und insbesondere auch kostengünstiger gestaltet werden kann.